Die Beziehung zwischen Gehirn und Geist

Gehirn und Geist

Ende 2016 wurde der US-amerikanische Rapper Kanye West in eine Klinik eingeliefert. Medienberichten zufolge leidet er an einer vorübergehenden Psychose, ausgelöst durch Dehydrierung und Schlafmangel. Beides bekommt dem Gehirn nicht gut und schlägt sich auf das Verhalten und Denken nieder. Ein interessantes Beispiel für die Wechselwirkung zwischen Gehirn und Geist.

Ohne Hirn ist nichts los

Ohne Gehirn lässt es sich nicht leben. Trotzdem ist es schwer zu verstehen, dass ein atmender Körper ohne Gehirnfunktion tot sein soll. Der Hirntod zeigt die Verbindung zwischen Gehirn und Geist: Wenn die Schaltzentrale nicht mehr funktioniert, dann gibt es ein Problem. Im Alltag widmen wir der grauen Masse wenig Aufmerksamkeit, obwohl es die Grundlage unseres Seins ist. Ohne Gehirn können wir weder laufen, denken, noch atmen. Dabei wissen wir sehr wenig darüber, wie es tatsächlich funktioniert,. „[Die Funktionsweise A.d.R.] kann man gerade dadurch verstehen, indem man sich anschaut, wie das Gehirn fehlfunktioniert“, erklären Ulrich Dirnagl, Experte für Neurobiologie und Leiter des Zentrums für Schlaganfallforschung an der Charité Berlin.

Was unser Gehirn leistet

Ein Schlaganfall wird auch als Hirninfarkt bezeichnet, denn zum Schlaganfall kommt es, wenn die Blutversorgung des Gehirns unterbrochen wird. Zu den Folgen eines solchen Infarktes gehören oft der Sprachverlust und Erinnerungslücken. Auch einfache Tätigkeiten wie Essen und Gehen müssen häufig wieder neu erlernt werden. Bei einer Alzheimer-Erkrankung wiederum verlieren wir neben Erinnerungen unsere Persönlichkeit – und auch hier liegt die Ursache im Hirn. Erst wenn Gehirn und Geist nicht mehr reibungslos funktionieren, sehen wir, wie groß die Leistung unseres Gehirns eigentlich ist. Genau diesem Aspekt widmet sich Prof. Dirnagl gemeinsam mit Science Slammer Jochen Müller in seinem Buch „Ich glaub, mich trifft der Schlag: Warum das Gehirn tut, was es tun soll, oder manchmal auch nicht“.

Gehirn und Geist

Wie Migräne zur Hirnforschung beiträgt

Parkinson, Multiple Sklerose, Epilepsie oder die Migräne: Bei allen diesen Erkrankungen liegt der Fehler im System. „Wenn infolge des Ausfalls einer Gehirnregion eine Körperfunktion ausfällt, könnte man daraus schlussfolgern, dass die betroffene Gehirnregion für diese Körperfunktion zuständig ist“, so Dirnagl. Das ist für die Forscher in der Neurobiologie ein Glücksfall, denn es ist schlecht möglich „einem Menschen nacheinander verschiedene Teile seines Gehirns zu entfernen oder einzelne Zellen lahmzulegen, um dann munter Forschungsergebnisse zu generieren“, so die Autoren. Eine Migräne und das Sehen von Auren können also aus wissenschaftlicher Sicht recht interessant sein. Und so spannend das Thema Hirnforschung ist, so unterhaltsam hat der Berliner Science Slammer Jochen Müller das Thema niedergeschrieben. Wir erfahren, was den Menschen von einer Seescheide unterscheidet und wie die Blut-Hirn-Schranke ein Kompetenzgerangel vermeidet – und ganz nebenbei, wie unser Gehirn im Optimalfall funktioniert.

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Adulte Neurogenese: Die Hoffnung der Wissenschaft

Ein weiterer aktueller Bestseller widmet sich der „Revolution im Kopf“ – so auch der Titel des Sachbuches von Prof. Gerd Kempermann, international anerkannter Neuro-Experte vom Forschungszentrum für Regenerative Medizin an der TU Dresden. In seinen Arbeiten spielt eine Frage die wesentliche Rolle: Was bedeutet es, dass das erwachsene Gehirn neue Nervenzellen bilden kann? Diese Frage kommt unscheinbar daher, ist aber revolutionär. Wenn die Neubildung von Nervenzellen möglich ist, können womöglich in Zukunft Erkrankungen wie Demenz, Alzheimer oder auch die Depression geheilt oder zumindest aufgehalten werden. Die Utopie: Kranke Nervenzellen sterben ab, gesunde Nervenzellen wachsen nach. Wie die Neurogenese funktioniert und welche Bedeutung sie im Bauplan des Gehirn konkret hat, liegt noch im Dunkeln. Die Neubildung von Nervenzellen scheint jedoch dazu beizutragen, dass unser Gehirn fit bleibt und sich das ganze Leben lang erneuert. Wie aktiv sich unser Gehirn den Umständen anpasst oder altert, wird laut Studien von unserem Lebensstil und Umwelteinflüssen beeinflusst.

Niemals aufhören neugierig zu sein

„Wenn wir aktiv die Welt entdecken und erobern, wenn wir uns auf Neues einlassen, kurz: wenn wir lernen“, so Kempermann“, dann zieht unser (erwachsenes) Gehirn dafür an entscheidender, strategischer Stelle neue Nervenzellen hinzu, die es bedarfsgerecht hervorbringt.“ Das ist der revolutionäre Ansatz der adulten Neurogenese. Sie ist eines der spannendsten medizinischen Forschungsgebiete der Gegenwart, denn sie bedeutet, dass „Entwicklung, zumindest in jener für das Lernen und das Gedächtnis entscheidenden Hirnregion, dem Hippocampus, niemals aufhört“, so Kempermann. Der Mediziner wagt es, die Forschungsergebnisse der vergangenen 50 Jahre vorzustellen und einen Einblick darin zu geben, welche Rolle die adulte Neurogenese in der Evolution gespielt haben könnte und wie wichtig sie in der Zukunft sein wird. So alt wie das Thema Gehirn und Geist auch ist, es ist doch immer aktuell.

 

Hirn und Herz im Wettstreit (@ Nick Seluk)
Hirn und Herz im Wettstreit (@ Nick Seluk)

Es ist kompliziert: Herz und Hirn

Auch wenn wir verliebt sind oder Heißhunger auf Pommes mit Ketchup haben, obwohl wir gerade Diät halten, funktioniert die Verbindung von Gehirn und Geist offensichtlich nicht. Während wir wissen, was vernünftig ist, tun wir oft genau das Gegenteil. Dabei steht das Hirn für den Verstand, das Herz für Emotionen, Lust und Unvernunft. Und die beiden sind ewig im Widerstreit. Wäre das nicht so, wären alle Menschen gesund und nahezu schlank, es würde keine geistlosen TV-Serien geben und wir würden nie über unsere Verhältnisse leben. Der Cartoonist Nick Seluk und sein Alter Ego „The Akward Yeti“ bringen dieses komplizierte Verhältnis in einem geistreichen wie auch herzerwärmenden Cartoon zum Ausdruck. Jetzt gibt es den New York Times-Bestseller unter dem Titel „Herz und Hirn – Die Geschichte einer komplizierten Freundschaft“ erstmals auf Deutsch. Kopf wie Herz freuen sich über diesen geistreichen Cartoon.

Aktuelle Sachbücher zum Thema Gehirn und Geist:

Ulrich Dirnagl, Jochen Müller: Ich glaub, mich trifft der Schlag: Warum das Gehirn tut, was es tun soll, oder manchmal auch nicht.
Droemer Knaur Verlag, München 2016.
16,99 Euro, 336 Seiten.
ISBN: 978-3-426-27679-2

Gerd Kempermann: Die Revolution im Kopf: Wie neue Nervenzellen unser Gehirn ein Leben lang jung halten.
Droemer Knaur Verlag, München 2016.
22,99 Euro, 320 Seiten.
ISBN: 978-3-426-27707-2

Nick Seluk | The Awkward Yeti: Herz und Hirn. Die Geschichte einer komplizierten Freundschaft.
Riva Verlag, München 2016.
12,99  Euro, 144 Seiten.
ISBN: 978-3-7423-0032-4

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