Wie es ist, an Alzheimer zu erkranken

Alzheimer-Ratgeber für Angehörige

Bereits zum 22. Mal findet in diesem Jahr die Woche der Demenz statt. In der Aktionswoche im September 2016 wird an die Menschen erinnert, denen nach und nach ihre eigene Geschichte abhanden kommt. René van Neer ist der erste Demente, der über seine Erkrankung schrieb. Mit seiner Tochter Stella Braam verfasste er ein intimes Buch, das heute ein einzigartiger Alzheimer-Ratgeber für Angehörige ist.

Jeder Tag ist neu

Demenz ist ein vielfältiges Krankheitsbild, das sich ganz unterschiedlich äußern kann. Die einen können kein Kreuzworträtsel mehr lösen, die anderen finden ihre Autoschlüssel nicht mehr wieder. In 60 Prozent aller Demenzfälle leiden die Betroffenen an Alzheimer. Hierbei sterben nach und nach Nervenzellen und die Kontaktstellen zwischen Nervenzellen ab. Die Erkrankten sind nie jünger als 60 Jahre. Mit steigendem Alter steigt auch die Wahrscheinlichkeit, an dieser Art von Demenz zu erkranken, die einen rasanten geistigen und körperlichen Verfall mit sich bringt. Tragisch ist es, dass Alzheimer-Patienten auch nach und nach ihre Geschichte vergessen, den Ehepartner nicht wiedererkennen und sogar vergessen, wie einfache Handlungen wie das Hinsetzen auf einen Stuhl, funktionieren. Es ist kaum vorstellbar, wie Menschen in einer nicht endenden Schleife aus Nicht-Wissen gefangen sind. Mit seinem Buch „Ich habe Alzheimer – Wie die Krankheit sich anfühlt“ macht René van Neer den Verfall der Persönlichkeit ein wenig begreifbarer.

Alzheimer-Ratgeber für Angehörige

Es beginnt mit Schusseligkeit

René van Neer ist ein niederländischer, pensionierter Kinderpsychologe und hat in seiner zweiten Karrierelaufbahn als Wissenschaftsjournalist gearbeitet. Er lebt allein und hilft seiner Tochter Stella Braam gern bei Recherchen. Die Journalistin ahnt schon längere Zeit, dass ihr Vater langsam vergesslich wird. Seine Zuarbeiten werden immer oberflächlicher und nichtssagender. Als sie ihn wieder einmal besucht, begreift sie das wahre Ausmaß. „Der Brotkasten ist voll mit Werbebroschüren aller Arten, mit alten Versicherungspapieren, Garantiescheinen aus dem Jahr 1980 und einem Personalausweis von 1970.“ Ihr Vater hat sich bereits zum Thema Demenz belesen. Er nimmt es mit Humor, dass er seit vielen Jahren keinen gültigen Personalausweis hat. „A: Warum muss ich beweisen, dass ich existiere? Man sieht mich doch. B: Ich habe keine Reisepläne.“ Er sieht seine stärker werdende Demenz als letztes Abenteuer, für seine Tochter wird es zur Belastung.

Pflegeheime sind nicht vorbereitet

Da René van Neer nicht mehr allein leben kann, findet seine Tochter ein Pflegeheim für ihn. Je stärker seine Symptome werden, desto mehr zeigt sich, dass das niederländische Pflegesystem nicht auf die Bedürfnisse von Alzheimer-Patienten vorbereitet ist. Das dürfte in Deutschland kaum anders sein. René van Neer wohnt in den nächsten Jahren in mehreren Pflegheimen, zuletzt wird er mit Medikamenten ruhig gestellt, da er dazu neigt, tags wie nachts umherzulaufen. „Von dem neugierigen Mann, der er einst war, ist nichts mehr übrig. Ausgelaugt hängt er in einem Sessel, krank, schwitzend und mit zuckenden Bewegungen“, so Stella Braam.

Alzheimer-Ratgeber für Angehörige

Alzheimer-Erkrankte verstehen

Eindrucksvoll schreibt sie nieder, wie sich die Erkrankung ihres Vaters entwickelt und der geistige und körperliche Verfall voranschreitet. René van Neer arbeitet an diesem Buch mit, erklärt sich, so gut es geht, schreibt in guten Momenten Seite um Seite. Im Rahmen ihrer Recherchen spricht seine Tochter mit Medizinern und anderen Experten, die Ergebnisse fließen in das Buch mit ein. Damit es ist ein einmaliger Einblick in die Welt eines dementen Menschen. Es ist auch ein Alzheimer-Ratgeber für Angehörige und Pflegekräfte. Denn wie Stella Braam erfährt, wissen die meisten Menschen nicht, wie sie mit einem dementen Menschen umgehen müssen. In den nächsten Jahren muss noch viel getan werden, um Alzheimer-Patienten optimal versorgen und entsprechend ihrer Bedürfnisse fördern zu können. Als das Buch erschien, zeigte Stella Braam es ihrem Vater. „Ich finde das wichtig… möchte gern in Kontakt kommen mit… ist es ein Mann oder eine Frau?“ fragt er. „Meinst du den Autor des Buches?“ fragt seine Tochter zurück. „Ja!“ „Das bin doch ich, Papa.“
Wenn er es auch nicht weiß: Er hinterließ ein beeindruckendes Werk.

Der Alzheimer-Ratgeber für Angehörige zum Bestellen:

Stella Braam / René van Neer: Ich habe Alzheimer – Wie die Krankheit sich anfühlt
Beltz Verlag, Weinheim 2016.196 Seiten, 9,95 Euro.
ISBN: 978-3-407-85848-1

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