Was für eine Situation: Das eigene Kind erzählt völlig empört von einem Freund. Der hat doch tatsächlich behauptet, dass es den Nikolaus nicht gäbe. Den gibt es natürlich, alles andere wäre lächerlich, erklärt der Nachwuchs. Oder, Mama und Papa? Wie beantwortet man unbequeme Fragen richtig und gibt es überhaupt ein Richtig und Falsch? Das Familientrio weiß Rat.
Den Glauben an den Nikolaus nicht verlieren – oder?
In jedem Alter gibt es Situationen, in denen Eltern nicht wissen, wie sie mit ihren Sprösslingen umgehen sollen. Mal sind sie wirklich am Ende mit ihrem Latein, manchmal haben sie aber auch einfach Angst, ihrem Kind durch die vermeintlich falsche Antwort auf eine Frage eine falsche Richtung vorzugeben. Den Nikolaus gibt es gar nicht? An dieser Nachricht sind schon viele kleine Kinderherzen – wenn auch nur vorübergehend – gebrochen. Gibt es einen passenden Zeitpunkt, um die Nikolaus-Frage zu klären? Wie lange glauben Kinder an Weihnachtsmann, Osterhase und Co.? „Nach meiner Erfahrung möchten sehr viele Kinder das sogar noch, wenn ihr Verstand ihnen längst sagt, dass es den Nikolaus gar nicht geben kann“, so Kirsten Boie, Schriftstellerin und Autorin von mehr als hundert Kinder- und Jugendbüchern. Ihr Rat an die fragenden Eltern: Solange Kinder felsenfest von der Existenz der Fabelwesen überzeugt sind, soll man ihnen diese Überzeugung auch lassen. Das empfiehlt auch der dänische Familientherapeut und Autor Jesper Juul. Fragt jedoch der Nachwuchs danach, ob auch Mama und Papa an den Nikolaus glauben, dann sollen sie die Wahrheit sagen, „wie auch immer die aussieht“. Die Pädagogin und Musiktherapeutin Katia Saalfrank sieht in dem Glauben an den Nikolaus eine Bereicherung der Weihnachtszeit, denn er ist ein Teil der liebgewonnenen Rituale. Selbst wenn die Kinder wüssten, dass die Eltern den Stiefel vor der Tür füllen, freuten sie sich genauso auf den 6. Dezember und die kleinen Überraschungen vor der Haustür. Eltern müssen gar nicht eingreifen. „Ihre eigene Wahrheit finden Kinder zwischen dem, was wir an Bildern erzählen und vorleben“, so Katia Saalfrank.
Das Familientrio der SZ-Kolumne weiß Rat
Zusammen sind die drei Elternratgeber das Familientrio, das in einer Kolumne der Süddeutschen Zeitung solche heiklen Fragen beantwortet. Nun ist das Buch zur Familientrio-Kolumne erschienen. Darin finden sich 60 Elternfragen und die Antworten der drei Kollegen. Eltern liefert das Ratgeber-Buch auch Anregungen für ähnliche Situationen. So sind die Erwachsenen nicht nur bei der Frage nach dem Nikolaus, sondern auch in Hinsicht auf die Existenz des Osterhasen, der Feen, Wichtel und aller anderen Gestalten der kindlichen Fantasie bestens beraten. Ähnlich heikel ist die Frage, wie man den Kindern erklären soll, dass das geliebte Haustier sterben wird oder – besonders aktuell – warum es Krieg gibt und Menschen sterben müssen. Alle drei Experten des Familientrios finden andere Ansätze und profitieren von ihrem Erfahrungsschatz, was spannende Antworten zur Folge hat. Schön ist es zu sehen, dass es nicht den einen, richtigen Weg in Sachen Erziehung gibt. Auch das Familientrio ist sich nicht immer einig. So wenig wie es das unangreifbare Expertentum gibt, so wenig gibt es die perfekten Eltern. So kann es auch passieren, dass Mutter und Vater einstecken müssen.
Erziehung findet nie ein Ende
So möchte eine Mutter wissen, ob sie ihrer 32-jährigen Tochter erzählen darf, dass sie ein Unfall war. „Ja, bitte erzählen Sie Ihrer Tochter von den Umständen ihrer Zeugung“, empfiehlt Jesper Juul, das restliche Familientrio stimmt zu. Ein Vater wiederum fragt, was er tun soll: Sein 17-jähriger Sohn bedient sich aus seinem Kleiderschrank, weil er zu faul ist, seine eigene Wäsche aufzuräumen. Nun schließt der Vater sein Zimmer ab. Die Lösung für das Problem? Wer nun erwartet, dass der Sohn zur Verantwortung gezogen werden sollte, der liegt falsch. Das Familientrio sieht das Problem beim Vater: Er hat anscheinend keine klaren Grenzen gezogen, nun kassiert er die Quittung. Wer ein Gefühl dafür erhalten möchte, wie eine gelungene Reaktion auf Eltern-Kind-Fragen aussehen könnte, dem sei der Ratgeber des Familientrios empfohlen.
Kirsten Boie / Jesper Juul / Katharina Saalfrank: Was tun, wenn der Hamster den Löffel abgibt? 60 Elternfragen beantwortet vom Familientrio. Weinheim und Basel 2016. 224 Seiten, 12,95 Euro. ISBN: 978-3-407-86431-4. Das Buch ist hier bestellbar.