Ohne Männer geht es nicht: Die Anleitung für Feministen

2022 kamen die ersten Gemeinden auf die Idee, Strom zu sparen, indem sie die Straßenbeleuchtung an bestimmten Orten ausschalteten. Klang erst mal sinnvoll, vernachlässigte jedoch komplett die weibliche Sicht auf diese Lösung. Denn viele Frauen äußerten daraufhin Bedenken, weil die Dunkelheit für sie mit Unsicherheit verbunden seiPrompt wollte Quarks, das Wissenschaftsmagazin des WDR, Entwarnung geben, und stellte Studien vor, nach denen nicht nachzuweisen sei, dass die Anzahl der Gewaltdelikte gegen Frauen bei weniger Straßenbeleuchtung steigen würde. Also – so die Botschaft: Calm down und enjoy life, liebe Frauen.

Die männliche Sicht auf die Dinge

Für diese Entwarnung und die Darstellung der Frau als überängstliches Wesen gab es einen Shitstorm. Eine Userin brachte es auf einer Plattform auf den Punkt, als sie sagte: „Wer hier Sparen vorschlägt, ist echt behämmert. Was sind das für blödsinnige Untersuchungen? Natürlich meide ich dunkle Gassen, da bin ich nicht die einzige Frau, denke ich. Sowas können doch nur Männer überlegen, oder?“

Tatsächlich sendete der WDR kurz zuvor selbst einen Beitrag, in dem auf den Zusammenhang zwischen Dunkelheit und Kriminalität hingewiesen wurde. Die Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes hält die Beleuchtung von Straßen für sinnvoll, Experten raten Frauen, sich nachts möglichst nur auf beleuchteten und belebten Straßen zu bewegen. Dieses Beispiel zeigt, wie sehr bestimmte Bereiche unserer Gesellschaft aus einer männlichen Perspektive heraus bewertet und organisiert werden.

Kostenlos zugängliche Hygieneprodukte, Stillen in der Öffentlichkeit, das Erkennen der abweichenden Symptome eines Herzinfarktes bei einer Frau, Crashtest-Dummies, die nicht nur auf die körperliche Beschaffenheit von männlichen Personen abgestimmt sind – solche Beispiele zeigen: Für eine gleichberechtige Gesellschaft müssen auch Männer aus ihrer Perspektive heraustreten, weibliche Bedürfnisse mitdenken. Schon Margarete Stokowski sagte: „Feministische Politik konzentriert sich zumeist auf Frauen, aber wir werden mit der Sache nicht fertig, wenn Männer nicht mitmachen.“ (aus: „Untenrum frei“)

In vier Schritten zum Feministen

Die Initiative Feminist Lab bietet mit ihrem Buch „Das Buch, das jeder Mann lesen sollte. In 4 Schritten zum Feministen“ eine Chance, um die eigene (männliche) Rolle reflektieren und neu bewerten zu können. Die Autoren hatten Schlüsselmomente, in denen ihnen klar wurde, dass es unsichtbare Privilegien und Grenzen gibt, die den Unterschied machen. „William und Robert gehen gern frühmorgens oder abends im Park joggen, bei Sonnenaufgang oder wenn die Sonne schon untergegangen ist“, heißt es dort.

„Im Gegensatz dazu hörten wir von Miriam, die ebenfalls gern joggt, dass sie es niemals im Dunkeln tun würde, sondern stattdessen ihre Laufzeiten und -routen nach Sicherheitsaspekten ausrichtet – etwas, was Williams und Robert nicht tun müssen.“ Amy erzählte ihrem Mann Vincent, dass Frauen manchmal ihren Schlüsselbund als behelfsmäßige Waffe in der Hand halten würden, wenn sie nachts allein unterwegs sind. Vielen Männern ist die Notwendigkeit dieser Vorsichtsmaßnahmen nicht bewusst, denn unsere Gesellschaft ist weiterhin patriarchalisch strukturiert: Die männliche Sicht ist die Regel, die weibliche die Ausnahme. Das kann auch für Männer eine Bürde sein, wenn von ihnen verlangt wird, immer der „harte Kerl“ zu sein. Der Feminismus ist also auch eine Chance für Männer, die aus diesen Rollenzuweisungen ausbrechen möchten.

Für mehr Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern braucht es Männer, die ihre Stellung in der Gesellschaft überdenken und danach handeln – für ihre Frauen, ihre Töchter und alle anderen Frauen. Das bedeutet erst einmal nicht viel mehr, als die Bedürfnisse von Frauen mitzudenken, Ungerechtigkeiten zur Sprache zu bringen und männliche tradierte Rollen zu hinterfragen. Dabei helfen die im Buch genannten 30 Aktionspunkte, die konkrete Handlungsempfehlungen sind. Es kann ganz einfach sein, das Buch macht es noch einfacher. 

Jetzt lesen

Feminist Lab: Vincent-Immanuel Herr, Martin Speer, Miriam Steckl, Robert Peter, Amy Herr, William McInerney, Aileen McKay: Das Buch, das jeder Mann lesen sollte. In 4 Schritten zum Feministen

Beltz Verlag, 2023

207 Seiten, 18 Euro

ISBN:978-3-407-86729-2

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