Es gibt heute einen ganzen Markt für Menschen, die sich selbst optimieren möchten. Ob Yoga-Retreats auf den Gipfeln dieser Welt, Superfood oder Mindful Leadership, wir sind ständig auf der Suche nach den besten Möglichkeiten, gesünder, achtsamer oder auch intelligenter zu werden, um so scheinbar zu einem besseren, vielleicht sogar perfekten Menschen zu werden.
Auch Mark Van Buren hatte solche Ziele, als er anfing, sich mit den buddhistischen Lehren zu beschäftigen. Meditieren, bis der Kopf qualmt, fasten bis zur Erleuchtung und Verzicht bis zur Mittellosigkeit – sieht so der Weg zur perfekten Persönlichkeit aus? Nein! Der Achtsamkeits-, Yoga- und Meditationslehrer beschäftigte sich intensiv mit den Lehren des Buddhismus und fand für sich heraus: „Du musst nicht perfekt sein, nur glücklich.“ So lautet auch der Titel seines Ratgebers.
Bei der Suche nach dir selbst verlierst du dich
Die Reise zu einem glücklichen und erfüllten Leben ist keine To-do-Liste, die es abzuarbeiten gilt. Je mehr wir es wollen, desto mehr setzen wir uns unter Druck. Auf diesem Weg macht der Drang zum perfekten Leben krank. Denn die eigentliche Botschaft dieser Selbstoptimierung beschreibt Van Buren so:
„Dieser ‘bessere‘ Mensch, der du einst werden möchtest, ist jetzt noch gar nicht da, sondern er entsteht bestenfalls irgendwann in der Zukunft, nachdem du dich von all dem Mist, den du an dir nicht magst, sowie aus dem Leben, das du gegenwärtig führst, verabschiedet hast.“
Van Buren stellt fest, dass das Loslassen von Zielen entspannt – und damit genau zu den Zielen führt. „Mit der Zeit wirst du merken, dass du dich in dem Maße, in dem du aufhörst, dich unter allen Umständen verbessern zu wollen, ganz von allein veränderst“, sagt er.
Wenn wir lockerlassen, dann geben wir unseren Bedürfnissen und unserer Persönlichkeit erst den Raum, zu wirken. Das kann auch zu Überraschungen führen. Indem wir uns frei von unseren Insta-Vorbildern und den Berühmtheiten aus den Hochglanz-Magazinen machen, entdecken wir im besten Fall, was wir selbst eigentlich wollen und wie wir selbst ticken.
Shenpa: Lass es brennen
In seinem Ratgeber stellt Van Buren buddhistische Ideen und Geschichten vor und übersetzt sie in unsere westliche Lebenswelt. Das nimmt den philosophischen Botschaften den fernöstlichen Touch, womit wir uns aber auch viel besser mit ihnen identifizieren können. Dazu gehört auch die buddhistische Idee des Shenpa. Damit ist ganz grob betrachtet unser Bedürfnis nach Mustern und Sicherheit in unserem Alltag gemeint. Unser Leben besteht aus vielen Ritualen, die uns Beständigkeit schenken. Das ist das Müsli am Morgen, das Glas Wein am Freitagabend oder auch einfach der immer selbe Weg zur Arbeit.
Aber auch unliebsame Gewohnheiten sind damit gemeint. Jeden Tag zu viel Süßes, der cholerische Anfall, wenn der Partner die Schuhe nicht ins Regal oder die Tasse nicht in die Spülmaschine gestellt hat. Van Buren beschreibt es als ein Jucken und Brennen, das uns dann überfällt. Wie bei einem Mückenstich müssen unserem Verlangen nachgeben und ordentlich kratzen. Wir müssen unserem Drang nachgeben: Schreien, Süßes essen oder die verdammte Tasse in den Spüler stellen, während wir uns maßlos ärgern.
Unliebsame Muster führen so zu Streit, negativen Gefühlen oder auch einem ungesunden Lebensstil. Van Buren zeigt, wie wir Shenpa durchschauen, nicht nachgeben und kratzen, sondern lernen, es einfach brennen zu lassen, bis wir mit etwas Geduld irgendwann gar nicht mehr merken, dass es brennt. „Indem du mit diesen emotionalen Ladungen arbeitest, statt ihnen nachzugeben oder vor ihnen davonzulaufen, lernst du, ihre Macht schon im Frühstadium zu zerstreuen, sodass sie nicht außer Kontrolle geraten.“
Klar, witzig und lehrreich, ohne belehrend zu sein: Van Buren zeigt viele buddhistische Wege zu einem erfüllen Leben, die auch weniger spirituelle Menschen gern gehen werden.
Mark Van Buren: Du musst nicht perfekt sein, nur glücklich. Buddhistische Wege in ein erfülltes Leben
Lotos Verlag, München 2019.
208 Seiten, 16,00 Euro
ISBN: 978-3-7787-8285-9