Lesebuch für Sinnsuchende

Jeden Tag beschäftigen wir uns mit Erste-Welt-Problemen, die uns Kopfzerbrechen bereiten. Wir hören Podcasts zur Selbstoptimierung und halten die Anzahl unserer Insta-Followers maßgeblich für ein zufriedenes Leben. Aber um was geht es in unserem Leben wirklich? Was ist der Sinn? Eine philosophische und bemerkenswerte Antwort gibt Viktor E. Frankl.

Frankl war einer der wichtigsten Neurologen und Psychiater des 20. Jahrhunderts. Der Wiener begründete die Logotherapie und die Existenzanalyse und wird in einem Zug mit Freud genannt. Frankl wurde 1905 in Wien geboren und war als Jude einer der Verfolgten des Hitler-Regimes. Seine noch junge berufliche Karriere stoppte plötzlich, als er inhaftiert und in ein Konzentrationslager gebracht wurde. In Theresienstadt, Auschwitz und Bergen-Belsen starben seine Eltern, sein Bruder und seine junge Ehefrau. Frankl überlebte und verblüfft aus heutiger Sicht mit einem scheinbar ungebrochenen Lebenswillen. Bereits 1946 wurde er Vorstand der Wiener Neurologischen Poliklinik; Frankl begründete auch die österreichische Ärztegesellschaft für Psychotherapie und wurde deren Präsident. Bereits elf Monate nach seiner Befreiung aus einem Außenlager des KZ Dachau hielt er an einer Wiener Volkshochschule Vorträge, wovon drei nun in dem Büchlein „Über den Sinn des Lebens“ zusammengetragen und veröffentlich wurden.

Was am Ende bleibt

Es ist beeindruckend, dass Frankl, der mehrere Jahre in verschiedenen Konzentrationslagern leben und viel Leid und Schmerz sehen musste, nach so kurzer Zeit eingehende Plädoyers für den Sinn des Lebens halten konnte. Wer sich hin und wieder in seinen Alltagssorgen verliert, der findet in seinen Werken einen humanen Blick auf das große Ganze, von einem, der es wissen muss. Frankl ist nicht nur Betroffener der Shoa, er hat sich als Psychologe auch auf die Themen Depressionen und Suizid spezialisiert. Ein Freitod war für ihn während seiner KZ-Aufenthalte jedoch nie die Lösung, denn dafür hielt er das Leben für zu einmalig. Er verglich es mit einem Schachspiel: Beenden wir das Spiel einfach abrupt, wenn wir nicht mehr weiterkommen, oder sehen wir nicht eher zu, dass wir aus der Situation herauskommen? „Es ist gerade die Einmaligkeit unseres Daseins in der Welt, die Unwiederbringlichkeit unserer Lebenszeit, die Unwiderruflichkeit all dessen, womit wir sie ausfüllen – oder unerfüllt lassen“, so Frankl, „das ist es, was unserem Dasein Bedeutungsschwere gibt.“

Frankl bringt Anekdoten aus seinem beruflichen Alltag und gibt Einblicke in sein philosophisches Denken, das Leserinnen und Lesern wichtige Impulse für die eigene Lebensgestaltung bietet und zeigt, dass es sich für jeden einzelnen Menschen lohnt, weiterzumachen, denn „Leben selbst heißt Gefragtwerden, heißt antworten – je sein eigenes Dasein verantworten. Das Leben erscheint so nicht mehr als eine Gegebenheit, sondern als eine Aufgegebenheit – es ist in jedem Moment Aufgabe.“

Viktor E. Frankl: Über den Sinn des Lebens.
Beltz Verlag, Weinheim/ Basel 2019.
144 Seiten, 15,95 Euro
ISBN: 978-3-407-86588-5

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