Whatsapp, Facebook und Youtube – nur einige der Errungenschaften der Digitalisierung, die unser Leben in den vergangenen Jahren völlig verändert haben. Der nie endende Datenfluss erleichtert unser Leben aber nicht, sondern macht uns rastlos. Es ist Zeit für die digitale Selbstverteidigung. Digital Detox und Menschenverstand sind zwei der Mittel gegen die digitale Unmündigkeit.
Digital Detox: Offline ist der neue Luxus
Im Job werden wir jeden Tag mit dutzenden Mails zugeschüttet, der Chef geht davon aus, dass er uns auch nach Büroschluss per Handy erreichen kann und den eigenen Bruder hat man schon lange nicht mehr im wirklichen Leben gesehen – dafür schickt er jeden Tag lustige Tierbilder per Whatsapp.
Headset-Zombie
Sie wollen nicht wissen, dass der Karriere-Clown neben Ihnen gerade die Weltwirtschaft in die totale Sonnenfinsternis treibt, weil er „Kaufen! Kaufen! NEIN! Verkaufen!“ ächzt, bevor die U-Bahn im Funkloch verschwindet. (…) Und wissen Sie was? Alles, was Sie nicht wissen möchten, möchten andere Menschen auch nicht wissen.“
In ihrem Buch „Mail halten“ konfrontiert uns die Digitalexpertin Anitra Eggler mit unserem eigenen Digitalverhalten, das sehr oft ungesunde Züge trägt. „Wir lassen uns leben“, so Eggler, „unsere Handys sind Big Brother und iMother. Das Betriebssystem unseres Lebens ist Google.“ Sie plädiert dafür, bewusster mit digitalen Medien umzugehen und sich – ziemlich uncool leider – selbst Grenzen zu setzen. Am Wochenende gehen wir mit einem Digital Detox offline, in besonders privaten Momenten bleibt die Kamera für das Selfie aus und das Mail-Postfach wird bewusst geschlossen, um sich auf die eigentlichen Aufgaben zu konzentrieren. Den Weg in die digitale Mündigkeit geht niemand für uns, wir müssen selbst die Verantwortung für unser Leben im Offline übernehmen.
Ladeknecht
„Das ist der, der in Zügen und auf Flughäfen auf dem Boden herumkrabbelt und ohne voyeuristische Gedanken unter Ihrem Tisch auftaucht. Warum tut er das? Weil er Strom sucht.“
Gesunder Menschenverstand: Wer bekommt deine Daten?
Eggler lässt Zahlen sprechen und hält uns mit kleinen Tests wie „Wie viel E-Mail-Wahnsinn steckt in Ihnen?“ oder „Wie viel Tinderitis steckt in Ihnen?“ einen Spiegel vor. Wie abhängig sind wir von dem „Like“ unserer Posts und wie sehr bestimmt unser digitaler Medienkonsum unsere Wahrnehmung auf die Welt? Sie schlägt aber einen größeren Bogen, denn es geht nicht nur darum, wie wir uns selbst sehen. Es geht auch darum zu verstehen, dass Unternehmen wie Facebook, Google oder WhatsApp – eine Tochter von Facebook – unsere Daten sammeln, die bares Geld wert sind. „Wenn Sie WhatsApp nutzen, gestatten Sie dem Dienst Zugriff auf Ihr gesamtes Handy-Adressbuch. Das heißt: Sie schenken WhatsApp auch die Adressdaten von Menschen, die WhatsApp z.B. aus Datenschutzbedenken nicht nutzen. Fies, oder?“
Spielplatz-Zombie
„Ihr Kind will mit Ihnen spielen. Sie sagen, Sie müssen vorher etwas „Wichtiges“ erledigen, und schicken es fort. Dann greifen Sie zum Handy und verlieren sich in wichtigen Facebook-Meldungen (…). Wissen Sie, warum Ihr Kind so scharf auf Ihr Handy ist? Weil Sie dem Handy mehr Aufmerksamkeit schenken als Ihrem Kind.“
Das Smart-Home, das Nutzen von Apps oder sozialen Netzwerken: Big Brother is watching you. Daten werden analysiert, verkauft und beispielsweise für personalisierte Werbung verwendet. Bevor wir den nächsten Hashtag setzen, Siri nach dem Weg fragen oder die neue App installieren, ohne die Nutzungsbedingungen gelesen zu haben, sollten wir uns fragen, ob wir das wollen – und wenn nicht, einfach mal: Mail halten!
Das Buch zur digitalen Selbstverteidigung:
Anitra Eggler: Mail halten! Die beste Selbstverteidigung gegen Handy-Terror, E-Mail-Wahnsinn und digitale Dauerablenkung
Campus Verlag, Frankfurt 2017.
352 Seiten, 19,95 Euro
EAN 9783593507651
