Für Mütter, die nicht immer auf der siebten Babywolke schweben: Sarah Fischer enttarnt die Mutterglücklüge.
Man kennt es: Ein Termin steht an und als wenn das Kind spürt, dass es heute mit dem Anziehen besonders schnell gehen muss, gibt es ein riesiges Drama. Die Kita scheint der Vorort zur Hölle zu sein, kaum hat man den schreienden Knirps in die Klamotten gezerrt, riecht man einen verdächtigen Geruch aus dem Hosenbund steigen – argh! Nur eine von vielen Situationen, die Mütter wie Väter an den Rand des Wahnsinns treiben. Und nicht immer überwiegt die Freude über den Nachwuchs, davon weiß Sarah Fischer ein langes und leidiges Lied zu singen, hat aber lieber ein Buch über ihre ersten Jahre als Mutter geschrieben.
Ich will mein altes Leben zurück!
Die erfolgreiche Selbstständige hatte mit Ende 30 ihren Kinderwunsch schon abgeschlossen, den Ruf der Eizellen hatte sie nie gehört. Und dann wurde sie schwanger. Kein Problem, dachte sie sich. Als taffe Geschäftsfrau mit viel Erfahrung in kniffligen Situationen wird sie ja wohl das Kind schaukeln können! Zu ihrem aufregenden Berufsleben als Expertin für Film- und TV-Produktionen in der Mongolei, gehört es, während Drehs wochenlang mit einem dutzend anderer Menschen in einer Jurte auszuharren, auf die Dusche zu verzichten, während draußen Minus 40 Grad herrschen. Die beste Vorbereitung auf die Mutterschaft. Als ihre kleine Tochter dann das Licht der Welt erblickt, ist sie dann doch geschockt: „Mein Leben war nicht mehr meine Show. Mein Leben war jetzt Emmas Show.“
Regretting Motherhood
Was tun, wenn man beim Anblick des zahnlosen Nachwuchses und beim Backen von Sandkuchen nicht von Minute zu Minute in einen rauschhaften Glückszustand verfällt? Was, wenn der Neid auf die berufstätigen, erfolgreichen Frauen ohne Kinder überwiegt?
„…kinderlose Frauen tummelten sich in einer anderen Welt – dort, wo ich zuweilen auch gern gelebt hätte. In diesem Paradies wusste man morgens nicht, was man mittags tun würde, 15 Uhr war eine Uhrzeit, kein Fallbeil, das einen Tag in zwei Hälften teilte.“
Sarah Fischer versucht lange, ihr freiberufliches Leben so weiterzuführen wie bisher, steigt dann aber doch in eine Festanstellung um – wegen der Sicherheit – und endet schließlich in einem Burnout. Als im vergangenen Jahr die israelische Wissenschaftlerin Orna Donath ihre Studie zu Frauen, die ihre Mutterschaft bereuen, veröffentlichte, bemerkte sie, dass sie mit ihrem Gefühlchaos nicht allein ist. Mit ihrem Buch will sie nun allen Trost und Beistand schenken, die auch auf Kinder verzichtet hätten, wenn sie vorher gewusst hätten, wie sie zwischen Spielplatz und Bauklötzen enden. Gleichzeitig ist es ein Aufruf an alle Frauen, ihren Kinderwunsch zu hinterfragen: Will ich das wirklich oder ergebe ich mich nur den gesellschaftlichen Vorstellungen einer perfekten Frau, die auf jeden Fall Kinder gebären muss? Wenn man zu dem Ergebnis kommt, dass man keinen Bock auf Aufzählreime und verrotzte Nasen hat, dann sollte man es einfach lassen.
Mein Fazit:
Das Buch wärmt allen Müttern das Herz, die um die schwierigen ersten Jahre mit Kind wissen. Einfach lesen und in eigenen Erinnerungen schwelgen. Und allen Nicht-Müttern kann man das Buch empfehlen, um sich selbst zu fragen, ob man das will.
Autorin: Christiane K., www.LOL-mehr vom Leben.de
Sarah Fischer: Die Mutterglück-Lüge: Regretting Motherhood – Warum ich lieber Vater geworden wäre, Ludwig Verlag, 240 Seiten, 16,99 Euro, ISBN: 978-3-453-28079-3
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